Die Gerüchte rund um das Bleichen

Oftmals wenden sich unsichere Interessenten an uns, die mit den Argumentationen der Gegner des Bleichens konfrontiert wurden oder aber eben jene Erfahrungsberichte lesen, die auf Basis wilder Experimente entstanden sind. Viele dieser Argumente können wir revidieren, andere Argumente wiederum sind eine Tatsache, doch die Gründe sind oftmals andere und wieder andere Tatsachen wurden noch nie wirklich objektiv und wissenschaftlich durchleuchtet. In einem FAQ wollen wir auf diese Punkte kurz eingehen.

F: Wäre eine Nachbehandlung sinnvoll?

A: Nachbehandlung ist das falsche Wort. Eine Nachbehandlung führen wir unmittelbar nach der Bleichung durch, denn die Gehäuse sind teils so strahlend, ja sogar klinisch sauber und weiß (nicht vergessen, H2O2 dient als Reiniger und Desinfektionsmittel im OP Bereich und der Lebensmittelindustrie), dass man jeden Fingerabdruck sofort sehen würde. Grundsätzlich sollte man solche Sammelobjekte nach einer erfolgreichen, optischen Aufarbeitung künftig wesentlich gründlicher reinigen, als in der Vergangenheit. Nicht etwa, weil die Gehäuse aufgrund des Bleichens empfindlicher sind, sondern viel mehr, um den Zustand so lange wie möglich zu erhalten. Und wie gesagt unbedingt darauf achten, für welche Kunststoffe die entsprechenden Pflegemittel geeignet sind. Alle 6-12 Monate die entsprechenden Gehäuse mit Seifenlauge zu reinigen ist oft schon ausreichend und sinnvoller, als irgendwelche angeblichen Hightech Wunder zu benutzen, die entweder Silikone oder gar Lösungsmittel als Basis verwenden.

Viel wichtiger als eine Nachbehandlung ist aber eher die Vorbehandlung. Aus diesem Grund legen wir vor einem potenziellen Bleichgang penibel Wert auf ordentliche Reinigung. Sie ist die halbe Miete für die darauf folgende, optische Aufarbeitung und ein sehr wichtiger Prozess. Nicht vernünftig entfettete und grundsätzlich gereinigte Objekte beeinflussen das Endergebnis des Bleichens maßgeblich.

F: Mir wurde erzählt, dass die Gehäuse nach einiger Zeit wieder nachgilben, wenn sie gebleicht wurden. Was bringt das Bleichen dann?

A: Zum besseren Verständnis sollte man auch hier vielleicht noch mal erwähnen, dass unsere Bleichbehandlung nur eines macht – den Momentan Zustand bereinigen, nicht mehr und nicht weniger. Die Bleichung als Mittel der Vorbeugung zu verstehen ist gänzlich falsch. Der Prozess, welcher für das Vergilben verantwortlich ist, wird dadurch also nicht dauerhaft gestoppt. Eine Konservierung des aktuellen Zustandes ist nach heutigen Möglichkeiten nicht möglich! Auch wird der gebleichte Kunststoff durch die Behandlung nicht jünger. Es lässt sich also nicht vermeiden, dass solche Kunststoffe über die Jahre gesehen immer wieder vergilben können. Natürlich sollte und muss man aber ein paar Dinge im Umgang mit den Gehäusen beachten, wenn man die Optik lange erhalten will. Da wäre zum einen die Hygiene. Finger gehören gewaschen, bevor man z.B. eine rein weiße Tastatur eines Amiga 4000 anfasst! Auch ist es ratsam, das Gehäuse nicht unbedingt wieder den selben Bedingungen auszusetzen, unter denen es bereits vergilbte. Direktes Sonnenlicht, stark schwankende Temperaturen und zu feuchtes oder generell schwankendes Keller/Dachboden-Klima aber auch Wärmequellen, wie Heizungen haben nichts im direkten Umfeld zu suchen. Hundezungen, Katzenpfoten, sowie schmierige Spielplatz-Kinderhände sollten den Geräten ebenfalls nicht zugemutet werden.

F: Aber warum sind die Sachen auf einmal so empfindlich? Muss man sie jetzt mit Samthandschuhen und Plüschzange anfassen?

A: Flapsige Kurzantwort: Quatsch und völlig falscher Denkansatz! Die Gehäuse sind nicht mehr oder weniger anfällig, als früher auch, doch der Verwendungszweck ist ein anderer geworden, weshalb sich die Prioritäten der Besitzer geändert haben. Während vor 20 Jahren der gemeine User in einer seiner langen Game-Session-Nächte so manchen Burger über der Amiga 500 Tastatur verdrückte und so manche Cola schlürfte, ist man als Sammler heute penibler im Umgang mit den Geräten. Staub, Dreck, ja sogar atmende Menschen im direkten Umfeld werden plötzlich zum Staatsfeind Nummer 1 erklärt – sie könnten dem Gerät Schaden zufügen. Früher waren es Gebrauchsgegenstände, heute sind es Sammelobjekte und liebgewonnene Schätze. Da verschiebt sich natürlich auch die Wahrnehmung und Empfindung im Umgang damit.

F: Also ist der Bleichvorgang kein Schutz vor erneutem vergilben?

A: Nein, niemals nicht und zu keiner Zeit. Das wird auch nirgends behauptet. Das Bleichen ist ein Prozess, der den aktuellen Zustand aufhebt, oder zumindest verbessert. Keinesfalls aber stoppt oder kehrt es die chemischen Prozesse auf alle Zeiten um, die für das Vergilben zuständig sind. Wir konservieren nicht, sondern beheben. Auch wer den ersten Lack seines 30 Jahre alten Autos poliert, wird sich dessen bewusst sein, dass dies auch nur „Optik auf Zeit“ bedeutet. Nichts hält unendlich. Schon gar nicht, wenn der Gegenstand noch immer in Gebrauch ist.

F: Ich habe mein Gehäuse zurückerhalten – jetzt, wo es nicht mehr vergilbt ist, habe ich trotzdem das Gefühl, dass es manchmal wieder leicht gelb erscheint. Das bilde ich mir doch nicht ein oder?

A: Nein, um Gottes Willen, es gibt sogar ein paar ganz banale Erklärungen, warum einem das Gehäuse mal mehr mal weniger weiß oder gelber erscheint. Hier seien einfach mal so ein paar Stichpunkte, wie Tageslicht, Warmlicht und Kaltlicht in den Raum geworfen. Dank LED Technik gibt es heutzutage auch im Privathaushalt schon Warm- und Kaltlicht in den unterschiedlichsten Graden. Das verfälscht ungemein und die subjektive Wahrnehmung schwankt extrem. Das sehen wir allein schon bei den Vorabfotos, die uns eingeschickt werden. Wir haben sogar schon Geräte hier gehabt, die letztlich überhaupt keiner Behandlung bedurften und nur rein subjektiv vergilbt wahrgenommen wurden. Auch das kann vorkommen. Auch darf man nicht vergessen, dass viele Geräte selbst aus einer Geräteklasse über Jahre hinweg hergestellt wurden. Nicht selten kam es vor, dass die Hersteller und somit auch die Rezepturen für die Kunststoffe wechselten. Klassisches Beispiel sind hier z.B. die Leertasten diverser Amigas (sie gilben extremer als der Rest) oder aber die berühmt, berüchtigten Umlaute Tasten beim C128(D). Welcher Aspekt auch nicht vergessen werden darf – so manches Gerät hat schon etliche Besitzer hinter sich, wurde vielleicht des Öfteren ausgeschlachtet, ergänzt oder ist gänzlich ein Selbstbauprojekt (Gehäuseteile von unterschiedlichen Geräten), nach dem Motto aus 6 mach 1 entstanden?!? Allein hier kann keiner mehr nach über 20 – 30 Jahren überblicken, welche Kunststoffteile aus welcher Produktionsmarge verwendet wurden. Nicht jedes Kunststoffteil verfügt bereits über Datums- und genaue Revisionsbeschriftungen. Ein Amiga 500, dessen oberes und unteres Gehäuseteil einmal aus dem Jahr 1988 und 1991 stammt, kann hier bereits das Problem der Qualitätsunbeständigkeit zu spüren bekommen. Farben, die nicht zu 100% den Vorgaben entsprechen, Kunststoffzusammensetzungen, die sich geändert haben etc.. Da bringt auch kein Bleichvorgang mehr etwas. Die unterschiedlichen Gehäuseteile werden IMMER unterschiedlich im Farbton bleiben.

F: Stimmt es, dass das Plastik nach einer solchen Behandlung spröde wird?

A: NEIN! Uns ist nach nunmehr über 10 Jahren Bleicherfahrung nicht ein einziges Gerät untergekommen, dessen Kunststoff auch nur im Ansatz spröde wurde, weil es gebleicht wurde – zumindest nicht durch reine H2O2 Lösungen. Und das waren ohne Übertreibung bereits hunderte Gehäuse. Warum, ist auch relativ simpel erklärt. Plastik wird nur spröde, wenn dessen Weichmacher zerstört werden. Wer nun dagegen hält, dass das ja eine Milchmädchenrechnung sei, das auszuschließen, nur weil man keine Feedbacks erhalten habe – wir bleichen nicht nur für andere, sondern – man soll es kaum glauben, auch für uns selbst. Keines unserer eigenen Geräte hat sich je in Staub aufgelöst. Davon abgesehen sei auch hier noch einmal erwähnt, Wasserstoffperoxid ist und bleibt ein reines Oxidationsmittel und enthält keinerlei Lösungsmittel, die für ein Zerstören oder Entfernen von Weichmachern von Nöten wären. Auch hier sei noch mal angemerkt, dass H2O2 in der Lebensmittelindustrie zum reinigen und sterilisieren von Kunststoffbehältern, wie Joghurt Bechern, Milch Packungen und Cola Flaschen verwendet wird. Es wäre fatal, wenn hier H2O2 die Weichmacher lösen würde! Zu bedenken geben wir allerdings auch, dass wir nur für unsere Bleichmehtode sprechen können. Da im Netz die wildesten Tipps und Rezepturen für Reinigung und Bleichung existieren (Spülmaschine, Chlor, ja sogar Ammoniak!!!), können wir natürlich nicht ausschließen, dass manch ein User sich da ein Gebräu gemixt hat, mit dem man evtl. sogar Chromlegierungen weg ätzen könnte (Ironie). Wir raten an dieser Stelle auch noch mal dringend davon ab, nicht immer gleich jeden Tipp aus dem hiesigen Netz anzuwenden. Viele Tipps entspringen anderen Quellen, wurden von Leuten einfach nur wild kopiert, um sie als eigene Tipps auszugeben, OHNE jedoch überhaupt Ahnung über die Hintergründe zu haben. Auf diese Weise kann da sehr schnell sehr viel schief gehen, denn die Hemmschwelle, auch mal Dinge zu testen, die eigentlich in Profi Hände gehören, sinkt stetig im Zeitalter von Wikis und YouTube-Lernvideos. Ganz gefährlich wird es eben, wenn Laien unbedarft Chemikalien wild mixen und sämtliche Regeln der Chemie missachten. Auch wir mussten etliche Male mit Chemikern Rücksprache halten und selbst wir wurden von diesen skeptisch beäugt und kritisiert. Es hat lange gebraucht, bis man unser Vorhaben Ernst genommen hat.

F: Warum hält sich dieses Gerücht dann so hartnäckig?

A: Das liegt daran, dass es dieses Phänomen tatsächlich gibt, doch hat dies nichts mit dem Bleichvorgang selbst zutun, sondern ist viel mehr auf den Ursprungszustand oder wie gerade erwähnt, die teils unbedarfte Behandlung durch die Nutzer zurück zu führen. So verwenden viele Nutzer zur Pflege und Nachbehandlung oftmals Kunststoffreiniger oder Öle, die auf Silikonbasis oder Säurebasis arbeiten, beispielsweise Cockpit-Sprays, Chlorreiniger, Hygienereiniger jeglicher Art, die für völlig andere Kunststoffarten (oder gar nicht für Kunststoff) gedacht sind (solche Mittel reagieren wie Lösungsmittel – man kann keine Kunststoffpflegemittel verwenden, die für z.B. Outdoor Kunststoffe gedacht sind, wie Gartenmöbel etc.). Manche stecken ihre Gehäuse sogar unbedarft in den Geschirrspüler. Das jedoch macht die Weichmacher in Plastik dieser Art tatsächlich kaputt – zumindest wer Reinigungstabs verwendet. Ganz zu schweigen davon, dass Geschirrspüler teils mit fixen Temperaturen arbeiten und die Gehäuse so dauerhaft einer Temperatur jenseits der 50 Grad ausgesetzt sind. Genau das ist aber Kontraproduktiv, denn Hitze und Licht machen Kunststoff spröde! Geschirrspüler kommen also eher Alterungskammern gleich. Davon abgesehen ist ein Standard Amiga 500 Gehäuse beispielsweise per Hand in 10 Minuten gereinigt – die Spülmaschine braucht eine oder auch mehr Stunden, um die Reinigungsintensität zu erreichen!

Es ist also nicht der Akt des Bleichens, sondern viel mehr die Art des Umgangs generell, wie danach oder auch davor mit den Kunststoffgehäusen umgegangen wird. Ein klassisches Beispiel, wie z.B. allein Sonneneinwirkung ein Gehäuse zerstören kann, ohne dass dort Reiniger und Bleichmittel im Einsatz waren, sehen Sie im folgenden Video betreffend eines Super Nintendo Gehäuses. Hier war KEIN H2O2 am Werk. Dieses Gehäuse wurde regelrecht im Sonnenlicht gebraten, sowohl UV Belastung, als auch die Wärme haben hier ihr ganzes Werk vollbracht. Wer dieses Gehäuse nun in die Spülmaschine steckt und danach bleicht, wird irrtümlich behaupten, Bleichen macht Kunststoff spröde!